Antrag: Antisemitismus an Hochschulen wirksam bekämpfen und Präventionsarbeit stärken

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Antisemitismus ist in unserer Gesellschaft kein neues Thema und war auch niemals verschwunden. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben antisemitische Übergriffe in ganz Deutschland zugenommen. Allein in den ersten neun Tagen nach dem Terrorangriff hat es mindestens 20 antisemitische Vorfälle in Niedersachsen gegeben. Dabei gibt es auch zahlreiche Vorfälle teils weit unterhalb der strafrechtlich relevanten Schwelle, die Behörden aktiv werden lässt. Auch an deutschen und niedersächsischen Hochschulen fühlen sich zahlreiche jüdische wie auch israelische Studierende nicht mehr sicher. Antisemitische Flugblätter, Graffitis und Plakate, Demonstrationen, bei denen teilweise die Auslöschung Israels und zur „Uni-Intifada“ aufgerufen wird, verschärfen das Klima der Angst und Bedrohung. Jüdische Studierende und Mitarbeitende berichten, dass sie sich zunehmend unsicher fühlen, teilweise Lehrveranstaltungen meiden und gezielt ihre jüdische Identität verbergen.

Hochschulen sind Orte der offenen Diskussion und gewährleisten durch entsprechende Standards und Verfahrensregeln einen Austausch auch zu gesellschaftlich strittigen Themen. Sie sind keine Orte für Gewalt, Diskriminierung, Antisemitismus oder verfassungsfeindliche und strafbare Taten. Jüdisches Leben auf dem Campus darf nicht gefährdet sein, jüdische Studierende und Beschäftigte müssen sich an allen Hochschulen sicher fühlen können. Hierfür sind gegenseitiger Respekt, genauso wie die Wahrung wissenschaftlicher und grundgesetzlicher Prinzipien erforderlich.

Hochschulen sind ein Ort des wissenschaftlichen Austauschs. Ein offener Diskurs über die Entstehung des Nahostkonflikts, seine historischen Hintergründe sowie die Diskussion über (neue) Ansätze für diplomatische Lösungsansätze sind daher wünschenswert. Die Thematisierung der Konfliktursachen an den Hochschulen kann zur Versachlichung des Themas beitragen und dabei helfen, ein umfassendes Verständnis der politischen und gesellschaftlichen Problematik zu entwickeln. In der Regel ist es eine kleine Gruppe an den Hochschulen, die sich diskriminierend gegenüber jüdischen Studierenden verhält. Ziel sollte es sein, die „schweigende“ Mehrheit zu erreichen, um eine Eskalation im Hochschulleben, wie in den USA, zu verhindern.

Bei der Bekämpfung von Antisemitismus und für die Präventionsarbeit kommt unseren Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen eine Schlüsselfunktion zu. Wir wollen sie dabei bestmöglich unterstützen.

 

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Wir begrüßen deshalb,

  • dass sich unsere Hochschulen gegen alle Bestrebungen von Wissenschaftsfeindlichkeit, Rassismus, Intoleranz und Ausgrenzung wehren und die Bekämpfung des Antisemitismus als Daueraufgabe begreifen
  • dass sich die Landeshochschulkonferenz der Stellungnahme der Hochschulrektorenkonferenz mit einer gemeinsamen Positionierung gegen Antisemitismus angeschlossen hat,
  • dass ein regelmäßiger Austausch zwischen Hochschulen und dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) zu diesem Thema stattfindet,
  • dass weiterhin ein Austausch im Niedersächsischen Verbund zur Lehrkräftebildung (bestehend aus den lehrkräftebildenden Hochschulen sowie den Ministerien MWK und MK) stattfindet, um für das Thema Antisemitismus in der Lehrkräfteausbildung zu sensibilisieren,
  • die vielfältigen Aktivitäten an den Hochschulen, beispielsweise öffentliche Veranstaltungen wie Ringvorlesungen oder Vorträge, die sich mit Erscheinungsformen des Antisemitismus kritisch auseinandersetzen,
  • den wissenschaftlichen Diskurs an Hochschulen zu den Konfliktursachen anzuregen.

Wir bitten die Landesregierung

  • bei den Hochschulen darauf hinzuwirken, ein diskriminierungsfreies und sicheres Umfeld für alle Studierenden und Beschäftigten zu schaffen, antisemitische wie auch rassistische Vorfälle nach bestehendem Recht zu ahnden und ihre rechtlichen Möglichkeiten sorgsam abgewogen vollends auszuschöpfen, wenn sich Studierende oder andere Hochschulangehörige gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und ihre Werte richten,
  • für Fälle, in denen durch eine Gewalttat die körperliche Unversehrtheit eines Hochschulmitglieds verletzt wurde oder eine dauerhafte Gefährdungssituation vorliegt ist, eine Regelung im Niedersächsischen Hochschulgesetz (NHG) herbeizuführen,
  • Anlauf- und Beratungsstellen für Antidiskriminierung, insbesondere auch Antisemitismus an allen Hochschulen zu schaffen bzw. zu stärken, wobei insbesondere auch bestehende Strukturen und Angebote genutzt werden sollen, wie beispielsweise die „Bausteine für einen systematischen Diskriminierungsschutz an Hochschulen“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes,
  • bei den Hochschulen darauf hinzuwirken, Angebote der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit jüdischer Kultur und Geistesgeschichte wie auch die historischen und aktuellen Gefahren durch und Konfrontationen mit Antisemitismus in Lehre, Forschung sowie Wissenschaftskommunikation auch unter Einbeziehung der jüdischen Perspektive zu schaffen bzw. zu verstärken
  • existierende antisemitismuskritischen Bildungsprojekte und –angebote und Angebote, um jüdisches Leben sichtbar zu machen, zu stärken
  • die Kooperation, den akademischen Austausch und die gemeinsamen Forschungsprojekte zwischen Niedersachsen und Israel fortzusetzen und auszuweiten,
  • mit den Hochschulen weiterhin und entschlossen den Austausch über geeignete Maßnahmen gegen Antisemitismus fortzusetzen sowie gemeinsam mit ihnen relevante Handlungsfelder für ein entschiedenes Eintreten gegen Antisemitismus zu identifizieren und nachahmenswerte Maßnahmen zu ergreifen.
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